Hartz IV Bescheid - Widerspruch
Seite 1 von 1
Hartz IV Bescheid - Widerspruch
Hartz IV Bescheid - Widerspruch - Klage und einstweiliger Rechtsschutz
Da es sich bei jeder Entscheidung zum Antrag auf Leistung des Arbeitslosengeld II / Hartz IV um einen Verwaltungsakt des Jobcenters der Agentur für Arbeit handelt, ergeht ein schriftlicher Bescheid. Diesen gilt es vom antragstellenden Leistungsempfänger genau zu prüfen. Dieser Bescheid verfügt über eine Rechtsbehelfsbelehrung, aus welcher zu entnehmen ist, welche Schritte in welcher Frist zu machen sind, wenn der Bescheid nicht in Ordnung ist.
Wenn der Bescheid in Ordnung ist, muss nichts weiter veranlasst werden. Ansonsten steht dem Leistungsbezieher das Rechtsbehelfsverfahren als Möglichkeit der Wehr gegen den Hartz IV Bescheid zur Verfügung, welches in dieser Reihenfolge beachtet werden muss:
Widerspruch beim Jobcenter
Widerspruchsbescheid (Reaktion des Jobcenters auf Widerspruch)
Klage vor dem Sozialgericht
Einstweiliger Rechtsschutz (in Eilsachen, parallel zum Widerspruch)
Berufung und Beschwerdeferfahren beim Landessozialgericht
Revision vor dem Bundessozialgericht
Widersprüche nur gegen Verwaltungsakte
Das Widerspruchsverfahren kann nur gegen Verwaltungsakte geführt werden. Sollen beispielsweise Leistungen gekürzt oder zurückgezahlt werden, kann das Jobcenter zunächst eine Anhörung rausschicken, um den Sachverhalt zu klären.Diese ist allerdings noch nicht anfechtbar, da es sich um keinen Verwaltungsakt handelt.
Gleiches gilt auch für Eingliederungsvereinbarungen, die ebenfalls keine Verwaltungsakte sondern, wie der Name schon sagt, “Vereinbarungen” zwischen Leistungsbezieher und Jobcenter sind. Sofern sich der Leistungsbezieher jedoch nicht an diese Vereinbarungen hält, kann das Jobcenter nach vorangegangenen Gesprächen die daraus resultierenden Pflichten auch einseitig per Bescheid durchsetzen. Dieser wäre dann mittels des Widerspruchs anfechtbar.
Schematischer Ablauf des Widerspruchsverfahrens
Im folgenden Schaubild können Sie den Ablauf des Widerspruchsverfahrens gegen Verwaltungsakte des Jobcenters (Leistungsbescheid, Aufhebungsbescheid, Sanktionsbescheid, Rückzahlungsbescheid etc.) entnehmen. Auf Spezialfälle wie beispielsweise Überprüfungsanträge oder Sprungrevisionen wird der Einfachheit halber nicht eingegangen
Widerspruch gegen Hartz IV Bescheid
Enthält der Bescheid Fehler oder kann diesem nicht entsprochen werden, so muss der Antragsteller selbst innerhalb einer Frist von 1 Monat nach Bekanntgabe des Bescheides schriftlich oder persönlich zur Niederschrift Widerspruch beim zuständigen Jobcenter einlegen. Wird der Bescheid im Ausland bekannt gegeben, so beträgt die Widerspruchsfrist 3 Monate. Ein Bescheid gilt im Inland am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Fällt dieser Tag auf das Wochenende oder einen gesetzlichen Feiertag, so fällt das Fristende auf den nächsten Werktag. Die Beweisführung hierfür hat das Jobcenter zu führen und bei Verwaltungsakten werden die Daten des Postausgangsdatums vermerkt, so dass sich die Behörde auf eine Zugangsfiktion berufen kann. (§§ 84 SGG und 37 SGB X)
Verfügt der Verwaltungsakt über keiner oder unrichtige/ unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung, so verlängert sich die Widerspruchsfrist gemäß § 66 Abs. 2 SGG i.V.m. § 84 Abs. 2 S. 3 auf ein Jahr.
Zur Fristwahrung ist zunächst nicht erforderlich, dass der Widerspruch begründet wird. Da es hier aber um Finanzmittel für den Leistungsempfänger geht und ein zügiges Verfahren von Vorteil ist, sollten alle Unterlagen zusammen getragen und der Widerspruch schnell begründet werden.
WICHTIG: Gemäß § 39 SGB II hat der Widerspruch gegen den Bescheid keine aufschiebende Wirkung, was bedeutet, dass der Verwaltungsakt zunächst wirksam wird. Bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens muss der Leistungsempfänger also die bspw. verhängten Leistungskürzungen oder Ablehnung des Anspruchs hinnehmen.
Entscheidung über den Widerspruch – Widerspruchsbescheid
Das Jobcenter wird nach einem fristgerecht eingelegtem Widerspruch den Hartz 4 Bescheid erneut prüfen und entscheiden. Die Entscheidung erfolgt in Form eines Widerspruchsbescheides, gegen den nur noch in Form einer Klage vor dem Sozialgericht vorgegangen werden kann. Wenn der Bescheid in Ordnung ist, muss nichts weiter veranlasst werden.
Ergeht innerhalb von drei Monaten (§ 88 Abs. 2 SGG) nach Einlegung des Widerspruchs kein Widerspruchsbescheid des Jobcenters, so kann beim Sozialgericht Untätigkeitsklage eingereicht werden.
Ein Drittel Erfolgsquote bei Widersprüchen
Die letzten statistischen Erhebungen zu Widerspruchsverfahren gegen Hartz IV Bescheide im Jahreswechsel 2012 und 2013 zeigen, dass rund 35 Prozent der Widersprüche ganz oder teilweise positiv für die Hartz IV Empfänger ausgehen. Angesichts der Quote von gut einem Drittel sollten Leistungsbezieher ihre Bescheide immer überprüfen bzw. überprüfen lassen.
Die häufigsten Ursachen für fehlerhafte Hartz IV Bescheide seitens der Jobcenter sind eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung sowie fehlerhafte Rechtsanwendung – dies bezieht sich in den meisten Fällen auf die Anrechnung des Einkommens sowie Vermögens, der Kosten für Unterkunft und Heizung sowie Leistungskürzungen durch Sanktionen.
Klage gegen den Widerspruchsbescheid
Ist der Widerspruchsbescheid fehlerhaft oder entspricht nicht den Vorstellungen des Hartz IV Empfängers, so kann gegen diesen Klage beim zuständigen Sozialgericht eingereicht werden. Die Frist hierfür beträgt nach § 87 Abs. 2 SGG 1 Monat nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides.
Über die Klagefrist sowie Zuständigkeit des Sozialgerichts muss auch bereits in der Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheids zu entnehmen sein.
Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit beim Sozialgericht, beim Landessozialgericht sowie beim Bundessozialgericht sind grundsätzlich gebührenfrei für den Hartz IV Empfänger. Allerdings kann das Gericht nach § 192 Sozialgerichtsgesetz Gerichtskosten erheben, wenn der Leistungsbezieher das Verfahren trotz des Hinweises des Gerichts missbräuchlich oder offensichtlich aussichtslos durchführt.
Ferner ist für eine Klage vor dem Sozialgericht kein Anwalt erforderlich. Stattdessen kann man eine Vertrauensperson heranziehen. Sollte dennoch ein Anwalt benötigt werden, haben Sie Anspruch auf Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe, welche für die Kosten des Anwalts aufkommen.
Beim Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht ist ebenfalls keine Vertretung von Nöten, hier kann der Hartz IV Empfänger sich weiterhin selbst vertreten und auch Schriftsätze einreichen – lediglich bei der Revision vor dem Bundessozialgericht als letzte Instanz der Sozialgerichtsbarkeit ist ein Rechtsanwalt oder andere Bevollmächtigter (z.B. Sozialverband, Gewerkschaft, DGB, VdK etc.)
Einstweiliger Rechtsschutz – Eilverfahren
Das Sozialgerichtsgesetz bietet Leistungsbeziehern in den §§ 86a und 86b die Möglichkeit, ihre Rechte in einem Eilverfahren – also vor dem Hauptsacheverfahren – zu schützen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn aufgrund der existenziellen Notlage besondere Eile geboten wird – hier prüft das Gericht zunächst, ob erhebliche Zweifel gegen die Entscheidung des Jobcenters im Hartz IV Bescheid bestehen. Um hier Erfolgsaussichten zu haben, muss der Leistungsbezieher seinen Eilantrag sehr gut begründen, schließlich soll sein Verfahren vor all den anderen Verfahren des Gerichts vorrangig behandelt werden.
Hintergrund ist, dass der bloße Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung hat. Werden also Leistungen per Bescheid gekürzt oder abgelehnt, so gilt diese Entscheidung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahren – und dieses kann sich über mehrere Monate oder gar Jahre hinziehen.
Damit der Bescheid nicht rechtskräftig wird, muss zunächst fristgerecht Widerspruch erhoben und parallel dazu einstweiliger Rechtsschutz beim Sozialgericht beantragt werden.
Allerdings schieben die Gerichte hier auch ein paar Riegel vor, gerade wenn es um kleinere Beträge geht. Die Vergangenheit zeigt, dass bei Beträgen von 8, 10 oder 15 Euro keine finanzielle Notlage geboten ist, so dass der Hartz IV Empfänger die Entscheidung in der Hauptsache (reguläres Gerichtsverfahren) abwarten muss und den fehlenden Betrag zunächst aus dem Regelbedarf bestreiten bzw. auslegen muss.
Erfolgsaussichten von Klagen vor den Sozialgerichten
Wie auch bei den Widerspruchsverfahren gegen Hartz IV Bescheide zeigen die Gerichtsverfahren vor den Sozialgerichten eine enorm hohe Erfolgsquote für Leistungsbezieher auf. Nach den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zum Jahreswechsel 2013 liegt der Anteil der Verfahren, die ganz oder teilweise zu Gunsten von Empfängern der Sozialleistung entschieden wurden, bei knapp 50 Prozent – damit können sich gut die Hälfte erfolgreich gegen die Entscheidungen der Jobcenter zur Wehr setzen.
Praxishandbuch für das Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz (PDF der Agentur für Arbeit, 95 Seiten, 567 KB)
Widerspruch Muster und Vorlagen
Da jeder Widerspruch individuell auf den individuellen Leistungsbescheid angepasst werden muss, kann hierfür keine allgemeingültige Vorlage oder Muster verwendet werden, da diese in eine falsche Richtung führen und möglicherweise das gesamte Widerspruchsverfahren gefährden würden. Die Begründung des Widerspruchs sollte sich sachlich auf die Fehler beziehen und ggf. mit Belegen und weiteren Nachweisen versehen werden.
Ähnliche Themen
» Eingliederungsvereinbarung Hartz IV
» Die Angst vor Hartz-IV
» Millionen verzichten auf Hartz IV
» "Hartz IV ist schiefgegangen"
» Hartz IV eingeführt um Löhne zu drücken
» Die Angst vor Hartz-IV
» Millionen verzichten auf Hartz IV
» "Hartz IV ist schiefgegangen"
» Hartz IV eingeführt um Löhne zu drücken
Seite 1 von 1
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten