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Armut DeutschlandHeizen oder essen

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Beitrag von Admin Mo Jul 08, 2013 4:45 pm

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Wer den Strom abgeklemmt bekommt, sitzt abends im Dunkeln und kann weder Elektroherd, TV-Gerät noch Waschmaschine betreiben. Alltag für bis zu 800.000 Haushalte in Deutschland - denn viele Arme können ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen.



„Heat or eat“, so lautet ein sarkastischer Spruch aus Großbritannien. Er ist gemünzt auf Bürger, die ihre Gas- oder Stromrechnung nicht mehr bezahlen können und denen die Energielieferung gekappt wird. Entweder man verbraucht das Geld für Heizen oder für Nahrung – das ist die Alternative für viele Arme.

Doch das Problem gibt es längst auch in Deutschland. Nach Schätzungen von Verbraucherzentralen sperren Energieversorger bundesweit jährlich bei 600.000 bis fast 800.000 Haushalten den Strom, weil Kunden trotz Mahnungen die Rechnungen nicht bezahlt haben, hinzu kommen 400.000 Gassperren. Verschärft wird das Problem durch höhere Strompreise als Ursache der Energiewende.

Die Folgen können gravierend sein, wie jetzt auf einer Tagung des Wuppertal-Instituts (WI) in Kassel zum Thema „Energiewende. Aber fair“ deutlich wurde. Wer den Strom abgeklemmt bekommt, sitzt abends nicht nur im Dunkeln und kann weder Elektroherd, TV-Gerät noch Waschmaschine betreiben. Gerade im Winter ist die Situation besonders hart, weil ohne Elektrizität auch Etagenheizungen nicht mehr laufen. Außerdem wächst die Gefahr von Bränden, da die Betroffenen oft Kerzen einsetzen – bei einer Familie in Saarbrücken verursachte dies jüngst einen Brand, bei dem zwei Kinder starben.
Zu arm zum Sparen

Der Experte Achim Neuhäuser von der Berliner Energieagentur wies auf ein besonderes Dilemma hin: „Energiearmut entsteht, weil viele Haushalte einfach zu arm zum Sparen sind.“ Energieeinsparung und damit weniger Verbrauchskosten seien nämlich nur zum Teil durch Verhaltensänderungen – wie effizientes Lüften der Wohnung im Winter, Abschalten von Geräten statt Standby oder regelmäßiges Abtauen des Eisfachs – zu erzielen, sondern oftmals mit Investitionen verbunden, etwa in sparsame Haushaltsgeräte oder Gebäudedämmung.

In Kassel wurde eine Reihe Projekte vorgestellt, von Ministerien, Kommunen oder Sozialverbänden, die hier erfolgreich Hilfestellung leisten – zum Beispiel „NRW bekämpft Energiearmut“, „ClevererKiez“ in Berlin oder der „Stromsparcheck“, der vom Caritas-Verband in Frankfurt am Main entwickelt und inzwischen bundesweit in 100 Städten, Gemeinden und Landkreisen durchgeführt wurde. Neben intensiver Beratung zu sparsamem „Energie-Verhalten“ installieren die Berater dabei oft auch „Soforthilfen“ – wie Energiesparleuchten, Steckerleisten, die den Standby-Verbrauch reduzieren, oder Spar-Duschköpfe, die den Warmwasser- und damit auch den Energieverbrauch senken.

Große Einsparungen bringt freilich oft erst der Austausch alter Haushaltsgeräte wie Kühlschrank oder Waschmaschine durch effiziente neue Geräte.

Neben Zuschüssen sind hier auch „Mini-Contracting“-Modelle denkbar, wie sie die Wuppertaler Stadtwerke ausprobiert haben: Hier konnten Hartz-IV-Empfänger, Rentner oder Studenten ihren alten Kühlschrank gegen ein sparsames Modell austauschen. Die Kunden zahlten monatlich zehn Euro – über einen Zeitraum von 27 Monaten. Der Clou: Das Geld kommt zum Teil durch Stromsparen wieder herein.
Neue Idee: Prepaid-Strom

Die unter anderem von SPD-, Grünen- und Linken-Politikern erhobene Forderung, die Energieversorger sollten Sozialtarife einführen, fand auf der Tagung keine Unterstützung. Energiesparexperten und Verbraucherschützer waren sich interessanterweise mit dem Top-Manager eines der großen Energiekonzerne einig. Einen Sozialtarif anzubieten halte er nicht für sinnvoll, sagte der Vorstandssprecher der RWE Vertrieb, Hanns-Ferdinand Müller. „Er bietet nämlich keinen Anreiz zum Energiesparen.“ Es sei „nachhaltiger, wenn man die Kunden zum Thema Energiesparen berät und sie so in die Lage versetzt, die Energiekosten zu senken“.

Auf eine weitere Möglichkeit, mit Energiekosten umzugehen, wies der Koordinator des Projekts „Energiewende. Aber fair“, der WI-Forscher Michael Kopatz, hin. Er schlägt Vorauszahlung für Strom vor – ähnlich den Prepaid-Handyverträgen. Solche Prepaid-Zähler würden verhindern, dass sich jeden Monat unbemerkt Stromschulden auftürmten.

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