NRW zahlt studentische Gehälter nicht
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NRW zahlt studentische Gehälter nicht
Behörden-Patzer: NRW zahlt studentische Gehälter nicht
Seit April warten Tausende studentische Hilfskräfte in Nordrhein-Westfalen auf ihren Lohn. Grund ist ein chaotischer Software-Wechsel beim zuständigen Landesamt für Besoldung. Die Uni-Arbeiter sind empört, das Amt vertröstet auf Ende Juni.
Nach ihrer verschleppten Bronchitis aus dem Oktober und einer anschließenden Lungenentzündung kam Studentin Mareen Höhne, 25, der Spanienurlaub im Mai gerade recht. Für ihre Reise hatte die Masterstudentin der Geologie schon etwas gespart und zählte außerdem auf das Geld aus ihrer Arbeit als wissenschaftliche Hilfskraft an einem Institut der RWTH Aachen.
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Vier Stunden in der Woche berät Höhne Kommilitonen und organisiert Veranstaltungen ihres Fachbereichs, manchmal macht sie Überstunden. Dafür landen normalerweise zum Monatsende rund 200 Euro auf ihrem Konto. Doch Ende April kam kein Geld. Im Mai auch nicht. Und für den Juni macht sie sich schon keine Hoffnungen mehr. Den Spanienurlaub konnte sie sich noch über Rücklagen finanzieren, aber die neue Reifen, die ihr Motorrad für den TÜV braucht, sind jetzt nicht mehr drin.
Mindestens 5000 Studenten in Nordrhein-Westfalen sind betroffen. Laut Angaben des Landesamts für Besoldung und Versorgung (LBV) stehen momentan 5500 Zahlungen für April und 4050 für Mai aus. Betroffen vom Verdienstausfall sind in erster Linie neueingestellte oder wiedereingestellte studentische Hilfskräfte, aber auch einige Doktoranden, Dozenten und sonstige wissenschaftliche Mitarbeiter.
Grund der Probleme sei eine zunächst erfolgreiche Software-Umstellung, so die Behördensprecherin Claudia Wolf. Im Umgang mit einem neuen Computerprogramm zur Lohnabrechnung seien die Mitarbeiter jedoch nicht ausreichend geübt. "Es konnte sich noch keine Routine einstellen", sagt Wolf. Außerdem musste die Technik im laufenden Betrieb umgestellt werden.
Für diese Umstellung wählte das LBV nun ausgerechnet den Monat April - den Beginn des Sommersemesters, zu dem jedes Jahr besonders viele neue Hilfskräfte an Hochschulen eingestellt werden. Hinzu kamen noch die doppelten Abiturjahrgänge, durch die es 2013 rund 18.000 neue studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte zu Semesteranfang gab. In früheren Jahren waren es durchschnittlich nur 12.500.
"Wir arbeiten ja nicht zum Spaß neben dem Studium"
"Eine totale Sauerei" sei das, findet Masterstudentin Höhne. "Wir arbeiten ja nicht zum Spaß neben dem Studium, sondern weil wir auf das Geld angewiesen sind." Neben den Tausenden Hauptleidtragenden, denen im April und Mai gar keine Bezüge ausgezahlt wurden, gibt es noch Hilfskräfte wie Marco G., die weniger erhielten als ihnen eigentlich zusteht.
Der Student der Fachhochschule Aachen erhielt zwar mit Verspätung einen Teil seiner Vergütung, insgesamt fehlten ihm für die Monate März bis Mai jedoch noch 70 Euro, bemängelt G. Auf die telefonische Nachfrage eines Kommilitonen beim LBV habe man diesem mitgeteilt, der Vermieter werde ihn wegen einem Monat Mietverzug schon nicht aus der Wohnung werfen.
Mareen Höhne sagt, sie habe das Amt telefonisch erst gar nicht erreicht. Eine Woche lang habe sie es zweimal täglich probiert - ohne Erfolg. Auch auf ihre E-Mails kam keine Reaktion. Erst durch eine Nachfrage bei der Hochschule Ende Mai erfuhr Höhne, dass es bei dem LBV offenbar Software-Probleme gebe. "Wenn wir wenigstens eine Vorwarnung bekommen hätten, aber stattdessen hüllte sich das LBV in Stillschweigen."
110 Härtefallanträge an der RWTH Aachen
Dass einige Studenten ohne ihr Gehalt in Mietverzug kommen und Rechnungen oder Bildungskredite nicht begleichen können, hat sich mittlerweile auch in den Personalabteilungen der Hochschulen herumgesprochen. In Notfällen bieten sie daher an, selbst einen Abschlag zu leisten. Wer etwa an der RWTH Aachen keine Vergütung erhalten hat, kann bei einem Sachbearbeiter vorsprechen.
"In einem unkomplizierten Verfahren erhalten die Beschäftigten dann 80 Prozent des angenommenen Nettogehalts", erklärt der stellvertretende Abteilungsleiter für Personalangelegenheiten, René Luchte. Das Geld wird nach Auszahlung des LBV wieder zurückgezahlt. Wie viele der rund 2000 Neueinstellungen und Wiederbeschäftigungen allein an der RWTH Aachen von der Systemumstellung betroffen sind, weiß Luchte nicht genau. Seit Mitte Mai wird der Härtefallantrag angeboten und wurde bisher von 110 Beschäftigten genutzt.
Wie viel Geld bei den derzeit 9550 offenen Rechnungen insgesamt aussteht, ist nicht klar. Die Bezüge der einzelnen Hilfskräfte variieren je nach Stundenzahl. Luchte schätzt, dass es sich bei vielen Studenten der RWTH um 350 bis 400 Euro pro Monat handeln könnte. Nach dieser Schätzung würden sich die Außenstände des Landes mittlerweile auf mindestens drei Millionen Euro belaufen.
Das LBV weiß es leider nicht so genau. Wann wieder normale Verhältnisse einkehren, weiß man beim LBV ebenso wenig. Bis Juli sollen zumindest die Rückstände von April und Mai abgearbeitet sein. Studenten berichteten, im Mai seien sie bereits einmal auf die Pfingstwoche vertröstet worden. Mareen und Tausende Studenten in NRW hoffen nun, dass es wenigstens bei der neuen Frist bleibt.
Seit April warten Tausende studentische Hilfskräfte in Nordrhein-Westfalen auf ihren Lohn. Grund ist ein chaotischer Software-Wechsel beim zuständigen Landesamt für Besoldung. Die Uni-Arbeiter sind empört, das Amt vertröstet auf Ende Juni.
Nach ihrer verschleppten Bronchitis aus dem Oktober und einer anschließenden Lungenentzündung kam Studentin Mareen Höhne, 25, der Spanienurlaub im Mai gerade recht. Für ihre Reise hatte die Masterstudentin der Geologie schon etwas gespart und zählte außerdem auf das Geld aus ihrer Arbeit als wissenschaftliche Hilfskraft an einem Institut der RWTH Aachen.
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Vier Stunden in der Woche berät Höhne Kommilitonen und organisiert Veranstaltungen ihres Fachbereichs, manchmal macht sie Überstunden. Dafür landen normalerweise zum Monatsende rund 200 Euro auf ihrem Konto. Doch Ende April kam kein Geld. Im Mai auch nicht. Und für den Juni macht sie sich schon keine Hoffnungen mehr. Den Spanienurlaub konnte sie sich noch über Rücklagen finanzieren, aber die neue Reifen, die ihr Motorrad für den TÜV braucht, sind jetzt nicht mehr drin.
Mindestens 5000 Studenten in Nordrhein-Westfalen sind betroffen. Laut Angaben des Landesamts für Besoldung und Versorgung (LBV) stehen momentan 5500 Zahlungen für April und 4050 für Mai aus. Betroffen vom Verdienstausfall sind in erster Linie neueingestellte oder wiedereingestellte studentische Hilfskräfte, aber auch einige Doktoranden, Dozenten und sonstige wissenschaftliche Mitarbeiter.
Grund der Probleme sei eine zunächst erfolgreiche Software-Umstellung, so die Behördensprecherin Claudia Wolf. Im Umgang mit einem neuen Computerprogramm zur Lohnabrechnung seien die Mitarbeiter jedoch nicht ausreichend geübt. "Es konnte sich noch keine Routine einstellen", sagt Wolf. Außerdem musste die Technik im laufenden Betrieb umgestellt werden.
Für diese Umstellung wählte das LBV nun ausgerechnet den Monat April - den Beginn des Sommersemesters, zu dem jedes Jahr besonders viele neue Hilfskräfte an Hochschulen eingestellt werden. Hinzu kamen noch die doppelten Abiturjahrgänge, durch die es 2013 rund 18.000 neue studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte zu Semesteranfang gab. In früheren Jahren waren es durchschnittlich nur 12.500.
"Wir arbeiten ja nicht zum Spaß neben dem Studium"
"Eine totale Sauerei" sei das, findet Masterstudentin Höhne. "Wir arbeiten ja nicht zum Spaß neben dem Studium, sondern weil wir auf das Geld angewiesen sind." Neben den Tausenden Hauptleidtragenden, denen im April und Mai gar keine Bezüge ausgezahlt wurden, gibt es noch Hilfskräfte wie Marco G., die weniger erhielten als ihnen eigentlich zusteht.
Der Student der Fachhochschule Aachen erhielt zwar mit Verspätung einen Teil seiner Vergütung, insgesamt fehlten ihm für die Monate März bis Mai jedoch noch 70 Euro, bemängelt G. Auf die telefonische Nachfrage eines Kommilitonen beim LBV habe man diesem mitgeteilt, der Vermieter werde ihn wegen einem Monat Mietverzug schon nicht aus der Wohnung werfen.
Mareen Höhne sagt, sie habe das Amt telefonisch erst gar nicht erreicht. Eine Woche lang habe sie es zweimal täglich probiert - ohne Erfolg. Auch auf ihre E-Mails kam keine Reaktion. Erst durch eine Nachfrage bei der Hochschule Ende Mai erfuhr Höhne, dass es bei dem LBV offenbar Software-Probleme gebe. "Wenn wir wenigstens eine Vorwarnung bekommen hätten, aber stattdessen hüllte sich das LBV in Stillschweigen."
110 Härtefallanträge an der RWTH Aachen
Dass einige Studenten ohne ihr Gehalt in Mietverzug kommen und Rechnungen oder Bildungskredite nicht begleichen können, hat sich mittlerweile auch in den Personalabteilungen der Hochschulen herumgesprochen. In Notfällen bieten sie daher an, selbst einen Abschlag zu leisten. Wer etwa an der RWTH Aachen keine Vergütung erhalten hat, kann bei einem Sachbearbeiter vorsprechen.
"In einem unkomplizierten Verfahren erhalten die Beschäftigten dann 80 Prozent des angenommenen Nettogehalts", erklärt der stellvertretende Abteilungsleiter für Personalangelegenheiten, René Luchte. Das Geld wird nach Auszahlung des LBV wieder zurückgezahlt. Wie viele der rund 2000 Neueinstellungen und Wiederbeschäftigungen allein an der RWTH Aachen von der Systemumstellung betroffen sind, weiß Luchte nicht genau. Seit Mitte Mai wird der Härtefallantrag angeboten und wurde bisher von 110 Beschäftigten genutzt.
Wie viel Geld bei den derzeit 9550 offenen Rechnungen insgesamt aussteht, ist nicht klar. Die Bezüge der einzelnen Hilfskräfte variieren je nach Stundenzahl. Luchte schätzt, dass es sich bei vielen Studenten der RWTH um 350 bis 400 Euro pro Monat handeln könnte. Nach dieser Schätzung würden sich die Außenstände des Landes mittlerweile auf mindestens drei Millionen Euro belaufen.
Das LBV weiß es leider nicht so genau. Wann wieder normale Verhältnisse einkehren, weiß man beim LBV ebenso wenig. Bis Juli sollen zumindest die Rückstände von April und Mai abgearbeitet sein. Studenten berichteten, im Mai seien sie bereits einmal auf die Pfingstwoche vertröstet worden. Mareen und Tausende Studenten in NRW hoffen nun, dass es wenigstens bei der neuen Frist bleibt.
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